Lernen am Modell

12. Juni 2018

Praxisnahe Ausbildung an Automatisierungstechnik und IT

Am Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen (ISW) der Universität Stuttgart wird seit Oktober 2017 verstärkt auf die Integration bzw. das Zusammenwachsen von Produktions- und Office IT gesetzt. Insbesondere durch die Entwicklungen im Kontext von Industrie 4.0 und den daraus resultierenden interdisziplinären Fragestellungen wurde ein neuer Raum, das studentische Applikationslabor, zur Erforschung und Ausbildung dieser Themen geschaffen.

Das ISW forscht international an aktuellen Aufgaben der immer bedeutender werdenden Verzahnung von Maschinen- und Software-Technik, die in der Steuerungs- und Automatisierungstechnik auch in Industrieprojekten immer mehr zum Tragen kommt. Als Institut der Universität Stuttgart gehören jedoch auch Beiträge zur Lehre zum Aufgabenbereich. Vertiefungen gibt es zur NC-Technologie, Robotik, Medizintechnik sowie diverse Praktika zu Ölhydraulik und Pneumatik, Handhabungstechnik und Kommunikationstechnik. Durch die Berufung von Prof. Oliver Riedel sind seit dem Sommersemester 2017 u.a. die Vorlesungen "Produktionstechnische Informationstechnologien" und "IT-Architekturen in der Produktion" hinzugekommen.

Theorie und Praxis

Die theoretischen Anteile der Vorlesung werden von praktischen Übungen begleitet, die an realen Anlagen und Anwendungsfällen im neuen Applikationslabor durchgeführt werden. Die Räumlichkeiten des Labors waren zuvor ein PC-Pool, ergänzt durch einige Projektarbeitsplätze zur Bearbeitung studentischer Arbeiten oder zur Realisierung von Projektergebnissen. Anfang 2018 wurden die neuen Laborräume mit 22 Arbeitsplätzen eröffnet. Der Fokus lag auf einem möglichst modularen Aufbau mit universeller Nutzung hinsichtlich der durchzuführenden Veranstaltungen. So gibt es nun 22 Laborarbeitsplätze, die jeweils mit Spannungsversorgung, Netzteilen, Sicherheitstechnik und Netzwerktechnik ausgestattet sind. Im gesamten Labor ist ein doppelter Boden verlegt, durch den alle Versorgungs- und Datenleitungen zu modularen Bodentanks geführt werden. So ergibt sich die Möglichkeit, die Anzahl der Laborarbeitsplätze anzupassen oder gegebenenfalls eine andere Raumbelegung und Raumaufteilung zu schaffen. Die Leitungen führen in einen dem Labor zugehörigen Serverraum und sind an eine Netzwerkinfrastruktur angeschlossen. Durch diese Option ist es möglich, einzelne Arbeitsplätze in einer beliebigen Netzwerktopologie zu verbinden und durch die Switche zu routen. Es können somit praxis- und industrienahe Netzwerkszenarien einer komplexen Produktionsumgebung dargestellt und untersucht werden. Um Vorlesungen vorzubereiten und neue Technik für die Übungen bereitzustellen, ist dem Labor zudem noch ein Vorbereitungsraum angegliedert, der in identischem Umfang, jedoch mit reduzierter Anzahl an Arbeitsplätzen wie das Labor selbst ausgestattet ist.

Übungen mit Realbezug

Die vorlesungsbegleitenden Übungen behandeln Hard- und Software in der Automatisierungstechnik, Co-Simulation und Visualisierung sowie Cloud- bzw. Big- Data-Anwendungen. Sämtliche Praxisanteile werden durch eine Modellanlage in Form einer modernen werkstückträgerbasierten Montageanlage ergänzt. Auf dieser werden Werkstücke in acht verschiedenen Kombinationen montiert und qualifiziert. Die Ansteuerung dieser Anlage basiert auf Industriekomponenten. CPUs, Buskoppler, RFID-Leser, Sensoren und Smart-Kameras sind hier bewusst als Industriekomponenten ausgeführt. Die übergeordnete Verwaltung übernimmt ein ERP-System, das einen Webshop zur Verfügung stellt, indem die Bauteile von den Studierenden exemplarisch bestellt werden können. Durch diese modular er- weiterbare Anlage, die teilweise auch wiederum als Grundlage für die studentischen Übungen herangezogen wird, ergeben sich über die festen Übungstermine hinaus Möglichkeiten zur Durchführung von Praktika und Studienarbeiten. Momentan nimmt die Modellanlage virtuell als Hardware-in-the-Loop-Simulation konkrete Form an. Hierfür werden die CAD-Daten in eine Simulationsumgebung importiert und können dann mit der realen Steuerung verbunden und automatisiert werden. Diese Inbetriebnahme- und Visualisierungsmöglichkeit wird ab diesem Frühjahr ebenfalls in einer weiteren, aus zwei Modulen bestehenden Übung abgebildet werden.

Fazit und Ausblick

Eine mögliche Erweiterung und zukünftige Labornutzung wird in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung gesehen. Geplant ist, interessierten Fachkräften oder Berufseinsteigern konkrete Themen, wie z.B. die Datensammlung über OPC UA, Modellierung oder virtuelle Inbetriebnahme, nahezubringen. Die Rückmeldungen von Studenten und Projektpartnern sind durchweg positiv und werden häufig durch Diskussionen zur weiteren Nutzung und dem möglichen Mehrwert für die universitäre Ausbildung, aber auch zur industriellen Fort- und Weiterbildung, ergänzt.

Der modulare Aufbau der Anlagen ermöglicht eine universelle Nutzung während den Veranstaltungen
Der modulare Aufbau der Anlagen ermöglicht eine universelle Nutzung während den Veranstaltungen
Mit vernetzten Arbeitsplätzen können komplexe Produktionsbedingungen simuliert werden
Mit vernetzten Arbeitsplätzen können komplexe Produktionsbedingungen simuliert werden
Kontakt Georg Ziegler, Leiter studentisches Applikationslabor

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